Bereits seit mehr als drei Jahren ist der neue Glücksspielstaatsvertrag aktiv, laut dem im Rahmen eines Vergabeverfahrens 20 Lizenzen für Wettanbieter in Deutschland vergeben werden sollten. Von Beginn an wurden zahlreiche Stimmen von Experten laut, dass eine Beschränkung auf eine feste Zahl keinen Sinn mache. Hinzu komme, dass die festgelegte Anzahl von 20 Anbietern viel zu gering sei und nicht dem Markt entspreche. Es kam, wie es kommen musste: Nach einem dreistufigen Verfahren der Aussortierung wurden einige Wettanbieter nicht mit einer Lizenz bedacht, welche eigentlich nicht mehr vom deutschen Sportwetten-Markt wegzudenken sind: Das beste Beispiel ist Tipico.
Konzeptionelle Fehler im Vergabeverfahren bestätigt
Nachdem das Glücksspielkollegium die Entscheidung bekannt gab, welche 20 Anbieter eine Lizenz bekommen sollen, war das Geschrei groß. Zahlreiche nicht bedachte Anbieter reichten ein Eilverfahren gegen die Entscheidung ein und stoppten damit die Endgültigkeit der Entscheidung – das Verfahren wurde mit einem Hängebeschluss vorerst auf Eis gelegt. Grund für die Zulassung des Hängebeschlusses waren die vielen gleichen Meinungen, welche von verschiedenen Sportwetten-Anbietern bei den Verwaltungsgerichten eintrafen: Das Vergabeverfahren sei nicht transparent gewesen, das Glücksspielkollegium hätte nicht nach fehlenden Dokumenten gefragt, sondern den Anbieter direkt aussortiert. Es fand zum Teil Monate lang keine Kommunikation zwischen den Anbietern und dem Glücksspielkollegium statt – erst als man aus dem Verfahren aussortiert wurde, bekamen die Unternehmen eine Benachrichtigung.
Dass die Beschwerden der Wettanbieter nicht nur einem Ringen gegen die Entscheidung des Glücksspielkollegiums entsprachen, hat nun das Verwaltungsgericht Wiesbaden bestätigt. Einem nicht weiter genannten Wettanbieter aus Österreich ist es gelungen, per Eilverfahren eine Sicherung des Anspruchs auf eine weitere Teilnahme am Konzessionsverfahren zu erwirken. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte bestätigt, dass im Laufe des Vergabeverfahrens verschiedene Fehler unterlaufen waren und Mängel festzustellen sind. In mehrfacher Hinsicht seien demnach konzeptionelle Defizite festzustellen – der Prozess sei von stetiger Intransparenz geprägt gewesen und in der Bewertung des konkreten Falls konnte sogar ein ergebnisrelevanter Fehler im Verfahren festgestellt werden.
Sportsbeirat legt Arbeit nieder
Aus Protest gegenüber dem Glücksspielkollegium legte der Sportsbeirat des Kollegiums der 16 Bundesländer vor einigen Tagen die Arbeit nieder. Der Sportsbeirat, in dem wichtige Mitglieder des deutschen Sports vertreten sind, hat vor allem eine beratende Aufgabe im Vergabeverfahren erhalten. Werden Entscheidungen im Bereich Glücksspiel getroffen, müssen diese im Einklang mit dem organisierten Sport gehen. Der Sportsbeirat sollte die Integrität des Sports sichern.
Da das Glücksspielkollegium jedoch nicht auf Hinweise einging und die bereits 2013 geäußerte Kritik nicht im Zwischenbericht des Verfahrens berücksichtigt wurde, legte der Sportsbeirat die Arbeit nun nieder. „Es ist unglaublich und gleichzeitig bezeichnend, mit welcher Arroganz die Ministerpräsidenten die Spitzenvertreter des Sports in den vergangenen drei Jahren behandelt haben. Auf kritische Schreiben zu dem völligen Versagen bei der Vergabe von Sportwettenlizenzen wurde nicht einmal geantwortet. Diese Brüskierung des Sportes ist nicht wieder gutzumachen“, meint FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki.
„Angesichts dieses Trauerspiels hätten die Ministerpräsidenten besser ihr Glücksspielkollegium zum Rückzug drängen sollen, als die Berater des organisierten Sports. Letztere haben mit ihrer Kritik bislang Recht behalten, während die Regierungsfachleute bei der Vergabe von Lizenzen nach dem Glücksspielstaatsvertrag kläglich versagt haben“, wird der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, in einer Pressemitteilung zitiert.
Ist das Vergabeverfahren nun gescheitert?
Viele Experten halten das aktuelle Vergabeverfahren der 20 Lizenzen für gescheitert. Es liegt nun am Glücksspielkollegium, eine Lösung zu finden, die das feststeckende Verfahren noch einmal in die richtige Richtung lenkt. Ob gescheitert oder nicht, spielt daher eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist, sollte das Verfahren wieder aufgenommen werden, dass man das Konzept stark überdenken muss.
Sowohl für den Verbraucher, die Wettanbieter als auch für den Staat wäre es von enormem Vorteil, würde man eine einheitliche Regulierung der Sportwetten in Deutschland schaffen. Es wäre möglich, dass das Vergabeverfahren von Schleswig-Holstein aufgegriffen wird und eine ähnliche Lösung gefunden wird. Schleswig-Holstein hatte das Glücksspielgesetz damals ein einziges Bundesland gekippt und eine regulierte Marktöffnung erlaubt. Es konnte aktiv Spielsuchtprävention, Spielerschutz und die Bekämpfung von Geldwäsche betrieben werden – und das Bundesland erfreute sich großer Steuereinnahmen.